Das Wärmekraftwerk der Pferde
Unstrittig ist, dass Pferde über einen ausgeklügelten Mechanismus zur Wärmeregulation verfügen und Temperaturschwankungen von bis zu 40 Grad problemlos verkraften. Die Komforttemperatur für Pferde
liegt zwischen minus 15 und plus 25 Grad, wobei sich das Optimum bei fünf Grad trockner Kälte befindet – also deutlich unter den Temperaturen, die vom Menschen noch als angenehm empfunden werden. Erst bei minus zehn Grad beginnen Pferde mit normalem Winterfell, über einen vermehrten Stoffwechsel für mehr Körperwärme zu sorgen.
Dr. Maximilian Pick, Fachtierarzt für Pferde aus dem bayerischen Icking, steht demzufolge auf dem Standpunkt, dass es zwar viele Gründe für das Eindecken gibt, aber nur
wenige davon seien auch vernünftig. „Pferde, die artgerecht gehalten werden und deren Thermoregulationsmechanismus
funktioniert, erkälten sich nicht, auch dann nicht, wenn sie in Zugluft stehen oder nass sind. Einzig bei einem Notfall – bei einer Kolik, nach einem Unfall oder bei schwerem
Blutverlust – könne es medizinisch notwendig sein, das Pferd mit einer Decke vor einem weiteren Temperaturverlust zu bewahren. Eindecken, weil dem Menschen kalt ist und er dieses Empfinden auf sein Pferd überträgt, schadet laut Pick mehr, als das es nutzt. Eingedeckte Pferde könnten ihren
Thermoregulationsmechanismus nicht mehr ausreichend trainieren. Ihr Organismus wird anfälliger.
Pauschale Antworten gibt es nicht
Picks Kollege Dr. Christian Schütte aus Bonn macht die Beantwortung der Frage davon abhängig, wie das Pferd genutzt wird. Bei reinen Freizeitpferden, die im Winter
weniger geritten werden als im Sommer, empfiehlt er, auf das Eindecken zu verzichten. Dr. Schütte: „Ich habe lange Zeit in Bayern gearbeitet und dabei oft beobachten können, dass es Pferden mit gutem
Winterfell noch nicht einmal etwas ausmacht, wenn Schnee auf ihrem Rücken liegt. Ihre Thermoregulation schützt sie davor, sich zu erkälten.“ Einzige Ausnahme für ihn sind Pferde, die alt, krank oder
gegenüber nasskalten Witterungen besonders empfindlich sind.
Bei Sportpferden, die auch im Winter intensiv gearbeitet werden, verhindert frühzeitiges Eindecken laut Schütte, dass die Pferde ein zu dichtes Winterfell bekommen und
zu stark schwitzen. Auf Scheren kann möglicherweise sogar verzichtet werden, was für Schütte sinnvoller ist. Geschorenen Pferden fehlt die isolierende Luftschicht, weswegen sie schneller frieren und
sich auch leichter erkälten können.
Bandagen und Gamaschen – Gefährlicher Irrglaube?
Bandagen und Gamaschen – Gefährlicher Irrglaube? Wie im Artikel “Schiefgewickelt” des Magazins “Bayerns Pferde” ausführlich nachzulesen, haben sich forschende Veterinäre zusammengetan, um herauszufinden was dran ist an dem Für und Wider der Wickelei.
Ergebnis der Experten war es, ein große Warnung vor übertriebener Fürsorge auszusprechen. Bandagen und Gamaschen können bei zu intensiver oder falscher Anwendung Sehnenschäden und Drucknekrosen verursachen!
Dr. Andreas Franzky, Vorsitzender des Arbeitskreises Pferde der „Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz“ (TVT) gibt eine Anekdote wieder, in der eine bandagierte Stute ähnliche Symptome zeigte wie bei einer Kolik und die Ursache war letztenendes der Hitzstau unter den Bandagierkissen und Bandagen. Auch wir kennen das! Wenn wir im Winter mit dicken Fellstiefeln in ein Geschäft kommen, was geheizt wird, verspüren auch wir das verlangen die Stiefel auszuziehen. Im schlimmsten Fall kann es auch bei einem Menschen zum Kreislaufabsacken kommen. Erzeugt durch einen Hitzestau am Knöchel, kann es einem schwindelig und unwohl werden. Ähnlich wird das ein Pferd empfinden.
Die Experten bestätigen die gute, kratzschützende Wirkung und Wundvorbeugung gut gepolsterter, weicher Gamaschen oder Bandagen bei der Ausbildung junger und noch wenig ausbalancierter Pferde. Sie warnen jedoch ausdrücklich vor der falschen Anwendung von Gamaschen beim Springen, diese richten erheblich Schäden an den Sehnen an.
Große Irrglauben:
Wärme – Dauererwärmung schadet dem Pferdebein! Die Übertriebene Sorge, um Verletzungen der Pferdebeine vorzubeugen, schadet dem Pferd mehr als es ihm hilft. So sollten Pferde beim Koppelgang am besten „barfuß“ sein, weil sich unter den Gamaschen und Bandagen Schmutz, Sand und Planzenteile sammeln, die scheuern; sie saugen sich zu dem mit Flüssigkeiten und Feuchtigkeit voll, was reibt. Im Sommer wird es darunter so heiß, dass es für das Pferd mehr als unangenehm ist.
Bei der durchgeführten Studie testete man die Temperatur am Pferdebein im Ruhezustand. Diese lag normal bei 24° C und unter den Beinschützern bei bis zu 36° C. Diese Temperaturen verursachen Funktionsstörungen der Sehnen, so Jochen Lill, Physiotherapeut und Osteopath vom Rehazentrum Antdorf. Deshalb sind sich verschiedene Experten einig: Nach dem Reiten sofort die Beinschützer runter! Und unten lassen.
Stallbandage – Behinderung des Lymphsystems! Eine Studie mit dem Namen „Auswirkung und klinische Relevanz von Woll(Stall)bandagen mit wattierten Unterlegern und Strickstrümpfen auf den Lymphfluss im Pferdebein“, aus dem Jahr 2006 belegte, dass Stallbandagen nicht zweckmäßig sind.
Professor Dirk Berens von Rautenfeld und Dr. Christina Fedele von der Tierärztlichen Hochschule Hannover erklären, dass „Die scheinbare, optisch positive Wirkung der Bandagierung erklärt sich dadurch, dass in dem komprimierten Gewebe keine Wassereinlagerung stattfinden kann.“ Das Lymphsystem wird in seiner Arbeit massiv behindert und schädigt auf Dauer chronisch!
Stallgamaschen – Sie bilden Nekrosen und das Gewebe stirbt ab! Zu sogenannten Drucknekrosen auf der Haut des Röhrbeins oder des Sehnenstrangs kann es durch Stallgamaschen kommen oder wenn man vergisst die Reitgamaschen über Nacht abzunehmen, betont Dr. Christian Bingold, Leiter der Pferdeklinik Großostheim. Als Hintergrund nennt er den permanenten Druck auf das Pferdebein, der die Sauerstoffversorgung beeinträchtigt und das Gewebe absterben lässt.
Nach der Heilung zeigen sich dann an der entsprechenden Stelle meist weiße Haare, bei Schimmeln sind es schwarze.
Stütze, Entlastung und Schlagschutz – Irrglaube, der uns von den Marketingabteilungen der Gamaschen- und Bandagenhersteller eingeredet wird, damit wir möglichst viel und oft kaufen! Gamaschen können vor Kratzern, aber nicht vor Schlägen schützen. Das Anlegen und Einwickeln stützt nicht ab, entlastet nicht und hält keine Schläge ab.
Warum??? – erklärt Dr. Peter Witzmann aus Leinfelden-Echterdingen im Magazin “Bayerns Pferde”: Beim Bandagieren wickelt man die Bandage zirkulär ums Bein. Die Kraft, die etwa beim Springen auf das Bein wirkt, wirkt von oben nach unten. Bandagen können diese Kräfte nicht abfedern! Gleiches gilt für Gamaschen. Wenn man das Pferdebein vor Überdehnung schützen wöllte, müssten die Gamaschen so fest sitzen, dass sie eine Einschränkung der Bewegung und mangelnde Versorgung des Beins in Kauf nehmen müssten!
Stoßdämpfung - 2001 hat die Fachzeitschrift „Cavallo“ mittels Beschleunigungssensoren vom Biomechaniker Dr. Parvis Falaturi messen lassen, ob sich Stützgamaschen, die den Fesselkopf umschließen, als stoßdämpfend erweisen.
Das Ergebnis – Von dämpfenden Effekten keine Spur. Das Magazin zitiert Falaturi, der die Messreihen durchführte: „Was im Bein passiert, wird durch Boden und Beschlag, nicht aber durch Gamaschen beeinflusst.“
Thermoregulation bei Pferden in den kalten Jahreszeiten
by Natalija Aleksandrova
Ein Pferdekörper produziert ständig Wärme als Nebenprodukt des Metabolismus und ein gesundes Tier hat signifikante interne Wärmequellen aus den metabolischen Prozessen (Bicego at al., 2007). Um den internen Wärmeverlust während der kalten Jahrzeiten zu kontrolieren ist das Pferd von der Natur mit einem komplizierten und äußerst effektiven antomischen, physiologischen und verhaltenstechnischen Thermoregulationsmechanismus ausgestattet. Um diesen Mechanismus in effizienter Weise nutzbar zu machen oder überhaupt Funktionsfähig zu erhalten, benötigen die Pferde Lebensumstände, welche den natürlichen Lebensumständen möglichst nahekommen.
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Um das Überleben von Säugetieren zu ermöglichen ist es notwendig, dass die Kerntemperatur sehr Konstant gehalten werden muss, ohne viel Spielraum für Abweichungen. Wenn die Kerntemperatur über- bzw.
unterschritten wird, so werden chemisch Reaktion auf der zellulären Ebene empfindlich gestört und können nicht adäquat funktionieren – oder aber sie werden ganz eingestellt. Fluktuationen ausserhalb
der normalen Körperkerntemperatur resultieren in gesundheitlichen Problemen oder sogar dem Tod des Tieres. Erwachsene Pferde haben eine Körpertemperatur um die 38°Celsius. Fohlen hingegen, schnell
wachsende Jungtiere also, Trächtige und Laktierende Stuten haben einen höheren Normwert (Hines, 2004). Die meisten Pferdehalter kennen die Schäden und Krisen die durch Fieber entstehen und nur wenige
realisieren, wie gut angepasst Pferde sind um mit der Kälte umzugehen, wenn gewisse Lebensumstände der Pferde gewähleistet sind.
Über die Jahrtausende haben sich die Pferde über die ganze Welt verbreitet. Wo auch immer sie sich ansiedelten, waren sie den sich ständig ändernden Temperaturen ausgesetzt – durch den
Tag/Nacht-Rhytmus und/oder den saisonalen Temperaturschwankungen. Auch heutzutage überleben Wildpferde, halb-wild lebende Pferde genauso wie auch domestizierte Pferde, die in möglichst artgerechten
Haltungsformen leben, perfekt alle natürlichen Einflüsse, denen sie ausgesetzt sind. Ob nun im Norden Europas oder der australischen Wüste, die Pferde sind all den sich ändernden natürlichen Elemten
ausgesetzt, wie Wind, Sonne, Regen, Schnee, Temperaturwechsel etc. Sie suchen in der Freiheit keine fast komplett geschlossenen Unterstände auf, wie die von menschenhand gemachten Ställe oder
Scheunen oder gar Höhlen. Auch decken sie sich nicht mit Stoffen ein. Die Pferde haben eine natürliche Art entwickelt, in all den Lebensumständen zu gedeihen und zu überleben.
Ein Pferdekörper produziert ständig Wärme als Nebenprodukt des Metabolismus und ein gesundes Tier hat signifikante interne Wärmequellen aus den metabolischen Prozessen (Bicego at al., 2007). Um den
internen Wärmeverlust während der kalten Jahrzeiten zu kontrolieren ist das Pferd von der Natur mit einem komplizierten und äußerst effektiven antomischen, physiologischen und verhaltenstechnischen
Thermoregulationsmechanismus ausgestattet. Um diesen Mechanismus in effizienter Weise nutzbar zu machen oder überhaupt Funktionsfähig zu erhalten, benötigen die Pferde Lebensumstände, welche den
natürlichen Lebensumständen möglichst nahekommen.
Auf der genetischen Ebene ist das domestizierte Pferd gleich dem wilden Gegenstück. Es hat die gleichen Fähigkeiten und Bedürfnisse um zu überleben. Im Grunde benötigt das Pferd von dem Menschen nur
die Bereitstellung von Lebensräumen, die die Natur für die Spezies Pferd vorgesehen hat, als da wären: freie Bewegung 24h am Tag, freien Zugang zu angemessene, Futter 24h am Tag, ein Herdenleben,
adäquate Hufpflege und einen Unterstand/Stall den sie nach belieben betreten und verlassen können. Unter der Aufsicht von Menschen, die sich um die natürlichen Bedürfnisse der Pferde kümmern und sie
derart halten, das sie befriedigt werden können, wird das Pferd nicht als Subjekt für antropomorphe Denkweisen degenerieren, durch Boxenhaltung (Einstallen), durch Verändern der Essgewohnheiten,
durch Eindecken, durch Schneiden der Mähnenhaare, durch Hufbeschlag usw. usf. Das domestizierte Pferd wird durch artgerechte Haltung fähig sein, seine natürlichen und erstaunlichen
Thermoregulationsfähigkeiten genauso zu nutzen, wie das frei lebende Wildpferd.
Lasst uns einen tieferen Blick auf den Thermoregulationsmechanismus werfen und wie er im Pferdekörper wirkt und auch, wie er durch unnatürliche Haltung und "Pflege" gestört und beeinflusst
wird.
Fell eines Araber Pferdes an einem wirklich kalten Wintertag in Zentral-Europa. Die Piloerektion ist aktiv – das Haar ist aufgestellt um die isolienrende Eigenschaft des Felles zu
erhöhen.
Abkühlen nach dem Spielen. Highland pony – Zentral-Europa. (Foto © K. Jarczewski)
(Photo © K. Jarczewski)
Zuerst ist es wichtig sich zu Merken, dass es durch die verschiedenen Thermoregulationsfaktoren wie z.b. der Haut und dem Fell als gute Isolatoren gegen die Kälte und den Wärmeverlust und auch den
Muskeln, die durch ihre Bewegungen Wärme erzeugen, es dem Pferd leichter fällt sich im kalten Wetter aufzuwärmen, statt sich im heißen Wetter abzukühlen – oder sich nach hartem Training abzukühlen.
Abkühlen ist schwieriger als sich aufzuwärmen! Pferde sind Kälte gewöhnt.
Die Haut des Pferdes ist sowohl dafür Verantwortlich, das Körperinnere durch die Temperaturenveränderungen im Außenbereich zu schützen als auch den Körper vor Wärmeverlust in kaltem Wetter zu
protektieren. Natürlich dient die Haut auch dem Abführen von Körperwärme durch Muskelaktivität und somit dem Schutz vor Überhitzung. Der Thermoregulationsmechanismus wird durch vier Hauptfaktoren
gewährleistet: Haut, Fell, Arterien und Schweißdrüsen, wobei drei dieser vier Faktoren dafür verantwortlich sind, das Pferd warmzuhalten.
1. Die Haut an sich wirkt als Isolationsschicht durch ihre relative Dicke.
2. Das Fell.
Die isolierende Eigenschaft des Fells hängt ab von der Dichte und der Dicke der Haarschicht, der Windgeschwindigkeit und der Temepratur- und Feuchtigkeitsgradienten im Fell (Ousey et al.,
1992).
Das Fell der Pferde wechselt zweimal jährlich bedingt durch einen Mechanismus den man Photoperiodismus nennt und sich an differierende Basistemperaturen der Jahrezeiten adaptiert. Sensoren in der
Pferdehaut reagieren auf den Wechsel der Tageslichtlängen. Das Pferd ist für den Fellwechsel zu Winterfell gleich nach der Sommersonnenwende bereit, wenn die Tage kürzer werden oder aber nach der
Wintersonnenwende mit der einhergehenden Verlängerung des Tageslichts und dem dann einsetzenden Wechsel zu Sommerfell.
Zusammen mit dem Photoperiodismus haben auch die Außentemperaturen einen Einfluss auf das Fellwachstum. Kältere Klimata verursachen ein Wachstum von dickerem Haar mit längerer Haarlänge als es in
wärmeren Klimata der Fall wäre – dieses ist gültig, wenn man Pferde der gleichen Rasse mit gleichem Körperbau und bei gleicher Fütterung vergleicht.
Natürlich ist das Fellwachstum auch noch von anderen Faktoren wie Fütterung und Pferderasse abhängig, auf die wir später im Text noch eingehen werden.
Das Pferd kann die isolierenden Eigenschaften seines Felles auch noch durch die sogenannte Piloerektion beeinflussen: dieses meint ein Aufstellen, Drehen oder Anlegen der Haare durch Muskeln, welche
die Haare aufstellen. Durch diesen Mechanismus erhöht oder senkt das Pferd die Isolationsschicht und variiert den Luftstrom, welcher zur Hautoberfläche geleitet wird. Piloerektion erhöht die
Felldichte um 10% bis 30% in ausgewachsenen Pferden (Young & Coote, 1973). Die Haaraufrichte Musklen müssen, wie jeder andere Muskel auch, regelmässig trainiert werden um vernünftig zu
funktionieren.
Die Körperhaare der Pferde sind mit einer fettigen Substanz bedeckt, welche dem Pferd hilft an regnerischen oder verschneiten Tagen nicht bis auf die Haut durchzunässen. Das Fell hat einen
Wasserabweisenden Effekt durch diese Talgschicht der Haare – das Wasser fliesst an der äusseren Haarschicht ab, während die untere Schicht trocken bleibt. Hierbei gilt: je länger das Haar, desto
weniger hat Wasser die Chance zur Hautoberfläche zu gelangen. Durch regelmässiges Ausbürsten der Haare wird die Talgschicht entfernt – der Wasserabweisende Effekt geht verloren.
Ebenfalls ist es nicht empfehlenswert, die Schicht aus Matsch, welche das Pferd durch das Wälzen im Sand am Körper trägt zu entfernen – auch diese Schlammschicht hat schützende Eigenschaften für das
Pferd.
Es ist natürlich klar, dass das Entfernen – Abscheren – des Pferdefells den Faktor Thermoregulation durch Fell komplett zerstört und verhindert.
3. Arterien in der Haut.
Arterien sind durch Muskeln in der Lage sich zu verengen bzw. sich zu erweitern – dieses nennt man Vasokonstriktion bzw. Vasodilatation – welche wiederum den Blutfluss reguliert. Vasokonstriktion
bewirkt den Wärmeverlust durch Beschränkung des Blutflusses in den Arterien an der Hautoberfläche – Vasodilatation bewirkt das Gegenteil – einen Abkühlend wirkenden Effekt durch Abführen von Blut aus
überhitzten Körperregionen zur kühleren Hautoberfläche. Beim Zurückfließen des kühleren Blutes, wird das Körperinnere des Pferde gekühlt.
4. Schweißdrüsen
Das Pferd nutzt seine Schweißdrüsen um sich Abzukühlen in Zeiten wenn die externe oder interne Temperatur zu hoch ist. Ist die Außentemperatur zu hoch um eine Abkühlung durch die Luft zu erfahren, so
produzieren die Schweißdrüsen Flüssigkeit. Evaporation dieser Flüssigkeit wirkt abkühlend auf die Hautoberfläche und den Gefäßen. Durch diesen Mechanismus – das gekühlte Blut in den Körperstamm
führend – kann die Körpertemperatur auch bei großer Hitze gesenkt werden. Das Pferd stoppt die Sekretion sofort, wenn der Soll - Wert der Kerntemperatur erreicht ist. Dann muss das Pferd schnell
trocknen, denn es läuft sonst Gefahr zu Unterkühlen. Ein verschwitztes Pferd dreht seine Haare in diverse Richtungen um ein Unterkühlen zu verhindern und wenn es die Freiheit hat, dann wird es sich
einen windigen Platz zum schnellen und sicheren Trocknen suchen. Der Schweißdrüsenmechanismus ist bedeutsam, da er auch durch Muskelarbeit ausgelöst wird.
Das waren also die vier Faktoren zur Thermoregulation der Haut des Pferdes – schauen wir uns nun weitere Mechanismen an.
Frost auf dem Winterfell – Wärme entweicht aus dem Körper
Wasser fließt an dem langen Winterfell herunter - das Unterfell bleibt trocken.
Der Anteil an Körperfett des Pferdes spielt eine ebenso gewichtige Rolle bei der Thermoregulation. Körperfett ist nicht nur eine Energiereserve sondern darüberhinaus auch dreimal so isolierend wie
anderes Körpergewebe, bedingt durch seine geringe Wärmeleitungsfähigkeit und der geringen Blutversorgung (Guyton, 1991; Davenport, 1992), deswegen ist es für das Pferd auch wichtig eine gute,
isolierende Fettschicht zu haben bevor der Winter einsetzt. Wildpferde wie auch natürlich gehaltene, domestizierte Pferde behalten ihren natürlichen Rhythmus der Gewichtsveränderung im Laufe des
Jahres- mit Gewichtszunahmen bis zu 20% im Herbst. Normalerweise können wir bei domestizierten Pferden mit einer dickeren Fettschicht ein vergleichsweise kürzeres Winterfell registrieren, als es bei
Pferden mit geringerer Gewichtszunahme zum Herbst zu sehen ist. Wenn man Pferde der gleichen Rasse und der gleichen Körpermaße miteinander vergleicht. Es ist außerdem zu beobachten, dass sich das
Fett in den kälteren Jahreszeiten gleichmäßiger über den Pferdekörper verteilt und sich nicht an speziellen Körperpartien sammelt, wie es in den wärmeren Monaten zu sehen ist.
Unter den gleichen Haltungsbedingungen zeigen kleinere Pferderassen ein längeres und dickeres Fell als größere. Auch sehen wir ein typisches dickeres Fell bei Fohlen. Dieses hat mit dem Effekt der
Allometrie zu tun, der systematischen Veränderung von Körperproportionen einhergehend mit dem Wachsen des Körpers im Hinblick auf den Wärmeausgleich. Unterschiede gibt es innerhalb der verschiedenen
Spezies, sie erscheinen als unterschiedliches Wachstum und Entwicklung, aber sie sind auch innerhalb nur einer Spezies zu sehen (Reiss, 199; Langlois, 1994). Im Allgemeinen ist eine größere
Körperstatur im Hinblick auf die Thermoregulation in der Kälte von Vorteil, da das Verhältnis von Wärmeableitung über die Körperoberfläche zur Wärmeproduktion/ dem Verbleiben der Wärme im Körper sich
mit der Verringerung von Körpergröße erhöht (Phillips & Heath, 1995; Bligh, 1998). Darum haben große Pferderassen relativ gesehen weniger Oberfläche für den Wärmeaustausch zur Verfügung und
dadurch erheblich weniger Wärmeverlust in der Kälte als es kleiner Rassen haben. Kleinere Pferde verlieren also mehr Körperwärme als größere und außerdem reduziert eine kugelförmige Körperform bei
größeren Pferden die Körperoberfläche im Verhältnis zur Körpermasse(Langlois, 1994). Um das größere Verhältnis von Körperoberfläche zu Körpermasse zu kompensieren, haben Pferde des Nordtypes im
Allgemeinen schwerere, rundere Körper entwickelt mit kürzeren Extremitäten welche sehr gut durch dichtes, dickes Haar auch an der Mähne und den Fesseln geschützt ist und dadurch in der Lage sind mehr
Wärme im Körper zu halten und mit großer Kälte klarzukommen.
Eine erhöhte Nahrungszufuhr erhöht gleichzeitig die körpereigene Wärmeproduktion welche durch die Tatsache verbunden ist, das die Verdauung von langen Fasern als Nebenprodukt große Wärmemengen
erzeugt. Darum ist es so wichtig, dass jedes domestizierte Pferd uneingeschränkten Zugang zu Heu hat, an 24 h pro Tag um durch den kontinuierlichen Verdauungsprozess langfaserigen Heus stetig Wärme
zu erzeugen. Diese ist auch dann von großer Wichtigkeit, wenn andere Faktoren der Thermoregulation nicht (sofort) greifen, wie z.B. durch plötzlichen, rapiden Temperaturabfall.
Solch ein erhöhter Bedarf an Futter wird „klimatischer Energiebedarf“ genannt (MacCormak & Bruce, 1991). Es wurde beobachtet, dass Pferde 0.2 bis 2.5% mehr Energie für die Aufrechterhaltung ihrer
Körpertemperatur pro sinkenden 1° Celsius Außentemperatur unterhalb ihrer kritischen, niedrigsten Körpertemperatur benötigen (Young Coote, 1973; McBride et al., 1985; Cymbaluk et al., 1989a;
Cymbaluk, 1990). (Der kritische, untere Wert für die Körpertemperatur variiert für verschiedene Pferde/ Gruppen von Pferden und hängt von Umweltfaktoren und verschiedenen anderen
Thermoregulationsfaktoren zu unterschiedlichen Zeiten des Jahres ab.)
Wichtig ist, dass kleiner Pferderassen einen höheren kritischen untersten Temperaturwert haben, darum ist ihr Wärmeverlust größer und sie benötigen mehr zusätzliches Futter. Also, je höher der
kritische, unterste Wert liegt, desto mehr Wärmeverlust erfährt das Tier. Anders gesprochen: je niedriger der kritische, unterste Temperaturwert, desto weniger Wärmeverlust – siehe größere
Pferderassen. Große Pferdehalten ihre Wärme länger in der Kälte.
Von Wildpferden wurde berichtet, dass sie ihre Bewegungsaktivitäten im Winter im Gegensatz zum Sommer reduzierten (Duncan, 1980; Berger et al., 1999; Arnold et al., 2006). Eine reduzierte
Bewegungsaktivität ist ein jährlich zu beobachtendes Muster bei sinkenden Außentemperaturen und führt daher zu reduzierter interner Wärmeproduktion und reduziertem Energieverbrauch (Arnold et al.,
2006). Dieser Adaptionsmechanismus reduzierter Körperaktivität hilft den Pferden bei den Anforderungen des Winters an den Energieverbrauch. Diese Reduktion von Aktivität kann auch bei natürlich
gehaltenen, domestizierten Pferden beobachtet werden obwohl diese Pferde nicht den Herausforderungen ständiger Nahrungssuche im Winter ausgesetzt sind. Diese Herunterfahren körperlicher Aktivität hat
offensichtlich den gleichen Grund als er bei Wildpferden hat: eine Reduktion des Energieverbrauches in der Kälte. Darum ist es auch ein natürlicher, saisonaler Rhythmus bei Pferden während des
Winters untrainierter zu sein, aufgrund der thermoregulatorischen Mechanismen und aus diesem Grunde ist es auch nicht angebracht, Pferde im Winter zum Training zu zwingen.
Zusammen mit einer allgemeinen Reduzierung der Aktivität bei Pferden in der Winterzeit, hat man kurze Phasen der Unruhe und der motorischen Aktivität(Bewegen)während eines plötzlichen
Temperatursturzes und sehr widrigen Wetterverhältnissen beobachtet. Diese kurzfristigen Bewegungsmuster sind ein hilfreiche Brücke, bis weitere Faktoren ihrer Thermoregulation sich auf die neuen
Umstände eingestellt haben.
Manchmal lässt sich beobachten, wie mehrere Pferde sehr eng beieinander stehen oder liegen und somit den Wärmeverlust durch Abstrahlung reduzieren indem sie effektiv ihre, der Umwelt preisgegebenen,
Körperoberfläche reduzieren (Bligh, 1998). Dieses, sich eng an seine Herdenmitglieder zu positionieren, kann Tieren helfen, welche aus verschiedenen Gründen nicht in der Lage sind genug Wärme zu
erzeugen, sich an der Körperwärme andere (durch Abstrahlung) zu wärmen.
Auch lässt sich immer wieder beobachten, wie Pferde durch Positionierung und Orientierung, die Wärmestrahlung der Sonne zum Aufwärmen nutzen – dann wird ein Sonnenbad im direkten Sonnenlicht an einem
kurzen, kalten Wintertag der Nahrungsaufnahme vorgezogen um sich aber, sobald die Sonne bedeckt ist oder untergeht, sofort wieder derselben zu widmen.
Auch Schnee, welchen wir manchmal auf den Rücken der Pferde liegen sehen, kann eine isolierende, vor Wärmeverlust schützende, Schicht bilden.
An windigen, regnerischen Tagen, können wir Pferde zusammenstehen sehen, mit ihren Schweifen in den Wind gedreht und mit gesenkten Köpfen. Auf diese Weise schützen sie ihren Nacken, die Köpfe, Ohren
und Augen, den Unterbauch und die Genitalien vor Wasser und Wind. Ihre Schweife schützen dabei ihre hintere Körperpartie - die kürzeren Haare auf der Schweifrübe fächern sich dabei auf und
schirmen so Wind und Schnee ab. An diesen Tagen kann man die Pferde auch im Windschatten von Ställen oder Unterständen stehen sehen oder auch natürlichen Windschutz nutzend, wie z.B.
Bäume oder Hügel um sich vor dem Wind zu schützen.
Wenn Pferde die freie Wahl haben kann man sie auch geschlossene Ställe aufsuchen sehen oder auch Wälder – dann oftmals um sich vor lästigen Fliegen und Insekten zu schützen und der Sommerhitze zu
fliehen.
Unter extremen Bedingungen kann Körperwärmer auch durch Muskelzittern generiert werden, wobei durch dieses Zittern schnell Wärme durch Aufschluss von ATP in den Muskeln erzeugt wird (Langlois, 1994).
Zittern ist normalerweise ein akut einsetzender Respons wenn Pferde plötzlich großer Kälte ausgesetzt sind oder aber, wenn sie für längere Zeit der Kälte bei gleichzeitigem Regen ausgesetzt sind. In
gesunden Tieren wird das akute Muskelzittern durch normale, interne Wärmeproduktion ersetzt, wenn sie sich an neue Wetterkonditionen adaptiert.
Ein anderes Problem, welches im Zusammenhang mit geschlossenen Räumen auftritt, wenn das verschwitzte Pferd dort eingestellt wird ist, das der Trocknungsvorgang wesentlich länger dauert,
aufgrund der fehlenden Luftbewegung und das Pferd somit längere Zeit schwitzt. Die Umgebungsluft wird durch die Feuchtigkeit gesättigt und ist somit nicht mehr fähig, weitere Feuchtigkeit
aufzunehmen, auch dieses trägt zur unnatürlich verlängerten Trocknungszeit bei. Als Resultat wird das Pferd unterkühlt und es werden innere Erkrankungen wie Koliken, Infektionen durch negative
Beeinflussung des Metabolismus und der benötigten Körperkerntemperatur begünstigt.
Das Eindecken von Pferden kann den gesamten Thermoregulationsmechanismus außer Gefecht setzen, denn das Tier versucht Körperteile, welche nicht von Stoff bedeckt sind warm zu halten, wie z.B. den
Nacken, den Kopf, Bauch und Beine. Dabei werden die eingedeckten Körperpartien überhitzt. Ein Pferd ist eben nicht in der Lage nur spezielle Körperpartien zu erwärmen – der ganze Körper kühlt ab oder
der ganze Körper erwärmt sich. Das Schwitzen unter den Decken birgt mehr Gefahren durch ernste metabolische Störungen, als es den Menschen bewusst ist.
Wenn Pferde in Boxen gehalten werden und/ oder eingedeckt sind, so erfahren sie wenig Stimuli (wie z.B. Temperaturwechsel) welche nötig sind um den Thermoregulationsmechanismus zu reizen – zu fordern
– ihn zu aktivieren. Somit werden die Haarerektormuskeln nicht trainiert – die Arterien werden nicht geweitet oder verengt – auch werden die Schweißdrüsen nicht in dem Maße gefordert und es wird auch
gesunde Fettschicht aufgebaut bzw. „verbraucht“. Jeder Muskel atrophiert nach einiger Zeit der Inaktivität – ohne beansprucht zu werden. Wird nun ein Tier in diesem Status plötzlich der Kälte
ausgesetzt, so wird es nicht in der Lage sein, einen adäquaten Wärmeregulierungsprozess zu aktivieren. Als Resultat kann es passieren, das die Körperkerntemperatur zu stark sinkt – unter dem
kritischen Level –und nun metabolische Prozesse eingestellt werden. Diese wiederum führt z.B. zur Beeinträchtigung der Produktion weißer Blutkörperchen und Antikörper und zur Verlangsamung ihrer
Bewegungsrate, mit einem partiellen Funktionsverlust. Das Ergebnis ist ein hochgradig gestresstes Tier, mit einem inneren Milieu, welches Krankheiten und Infektionen Tür und Tor öffnet. Der Keim ist
nichts, die Umgebung alles (Louis Pasteur). Konsequenterweise erhalten Bakterien und Viren eine perfekte Gelegenheit sich zu vermehren.
Neben der Tatsache, dass eine funktionsfähige Thermoregulation durch Artgerechte Pferdehaltung entsteht und wirken kann, gibt es Angst und Stressfaktoren, die ein Pferd unweigerlich erfährt, wenn es
Abgeschnitten ist von seinen natürlichen Bedürfnissen und in unnatürliche Haltungsformen gepresst wird, wie Boxenhaltung, Separation von Artgenossen, forciertem Training, nicht genügende
Raufuttergabe etc. Auch diese Stressoren beeinträchtigen das Pferd, sodass es Probleme mit der Kälte hat.