Was meint der Reitlehrer nur immer?

Der Reitlehrer ist ein Fachmann und benützt zumeist auch Fachbegriffe um seinen Reitschüler zu formen und zu fördern, nur leider versteht man auf dem Pferd nur Bahnhof.

Hier nun der Versuch verschiedene Begriffe aus dem Reitunterricht kurz und einfach zu erklären. Wer es genau wissen will, muss dann doch mal eines der vielen guten Bücher zur Hand nehmen und sich damit auseinandersetzen.

 

 

 

Innen und Aussen

innerer Zügel, innerer Schenkel, Innenstellung...

hat nichts mit dem Inneren oder Äusseren der Bahn zu tun!

Sondern bezieht sich auf die Stellung und Biegung des Pferdes

Stellung

hat nichts mit Hierarchie oder anderern Dingen zu tun ( die ich hier nicht weiter benennen will),

sondern bezeichnet die Drehung des Pferdekopfes soweit nach rechts oder links, dass man als Reiter von oben das Auge des Pferdes sehen kann ( sofern es nicht von der Mähne des Pferdes verdeckt ist.

Biegung

erfordert keine übertriebene akrobatische Beweglichkeit des Reiters, sondern meint die Krümmung der Wirbelsäule des Pferdes beginnend im Genick ( hinter den Ohren) bis kurz hinter den Sattel.  Ähnlich der Krümmung einer Banane. Stellung geht ohne Biegung, aber Biegung geht nur mit Stellung.

umstellen

meint kein Möbel rücken und auch nicht die Zeitumstellung im Sommer oder Winter.

Gemeint ist der Wechsel z.B einer Linksstellung in eine Rechtsstellung oder umgekehrt. Das macht man beispielsweise, wenn man von einem auf den anderen Zirkel wechselt, oder immer auch an den Stellen der Reitbahn, wenn ein Richtungswechsel angesagt ist. Dabei wird im Leichttraben umgesessen, also auf dem anderen Fuß leichtgetrabt, aber auch im Schritt und im Galopp muss sich der Reiter umsetzen, dabei wird der jeweilige neue innere Zügel nachgefasst, die Schenkellage wird verändert und auch die Blickrichtung in die neue Richtung ist wichtig.

In Kurzform: umsitzen, umstellen, umgreifen

"setz dich mal schwer hin"

mit dieser Anweisung konnte ich selbst als Reitschüler nie etwas anfangen, genausowenig wie mit

"mach dich schwer!"

ich wollte deswegen nicht extra zunehmen oder mit Hanteln aufs Pferd steigen!

Dann sind Aufforderungen wie "Nimm Platz im Sattel" schon eher das richtige Bild, um den Reiter bequem, unverspannt und tief in den Sattel zu bekommen.

Gemeint ist in allen Fällen der aufrechte, losgelassene Sitz des Reiters, der sein Gewicht gleichmäßig auf beide Sitzhöcker und das Schambein verteilt, ohne klemmenden Schenkel oder angespannte Pomuskeln.

umsitzen

meint nicht das Tauschen der Sofaposition vor dem Fernseher,

sondern den Wechsel auf den richtigen ( äusseren ) Fuß beim Leichttraben oder auch beim Umstellen von einer gebogenen Linie auf die andere ( z.B. Schlangenlinien durch die Bahn x Bögen immer beim Überreiten der Mittellinie, bei " aus der Ecke kehrt" eine Pferdelänge bevor man wieder den Hufschlag erreicht, auch beim "Wechsel durch die ganze Bahn" nicht bei X, sondern wiederum eine Pferdlänge bevor man den Wechsel (!) Punkt erreicht, deswegen heisst der nämlich so!

Beim "Umsitzen" bleibt man einen Trabtritt sitzen. Zum Überprüfen kann man auf die äussere Schulter gucken.

auf dem äußeren Fuß leichttraben

das äußere Vorderbein schwingt nach vorne wenn man aufsteht. Der eigentliche und deswegen wichtige Grund ist, dass das innere Hinterbein abfusst und einen in diesem Moment aus dem Sattel hochwirft. Es tritt in diesem Moment auch unter den eigenen Schwerpunkt. Weil dieses Hinterbein mehr arbeiten muss und um Ermüdung oder einseitiger Belastung vorzubeugen ist auch ein Wechsel im Gelände alle paar hundert Meter wichtig! Wenn man nicht darauf achtet, so "setzt" einen das Pferd immer auf seinen Lieblingsfuß. Müßt ihr beim nächsten Ausritt mal drauf achten!

hingegebener Zügel

oder langer Zügel? Das gibt immer Missverständnisse.

Am Anfang und am Ende der Reitstunde sollte man am hingegebenen Zügel reiten, dabei wird der Zügel nach Möglichkeit an der Schnalle angefasst ohne Maulkontakt. Das ist natürlich Situationsabhängig, aber man sollte es immer wieder üben. Dem Pferd wird Ruhe und Gelassenheit vermittelt, kann sich alles in Ruhe anschauen.

langer Zügel

bedeutet, dass das Pferd sich soweit strecken darf, dass das Maul nicht tiefer als bis zum Buggelenk kommt ( das ist praktisch die Unterseite Bauch als Linie gedacht). die Verbindung zum Pferdemaul wird NICHT aufgegeben, kein "wegwerfen" der Zügel kein ruckartiges Rausziehen der Zügel durch das Pferd!

Zügel aus der Hand kauen lassen

Hierbei stellt der Zügel keinen kaugummiartigen Futterersatz dar, sondern der Reiter öffnet etwas die Hand und das Pferd sollte sich weich nach vorwärts abwärts dehnen ( bis Buggelenk siehe oben), Die Stirn/Nasenlinie sollte dabei nahezu senkrecht bleiben. Dies sollte man in einer Reitstunde ganz oft für eine kurze Strecke einbauen, z.B nach einer anstrengenden Lektion oder wenn etwas gut gelungen ist als Belohnung. Dein Pferd wird es dir danken! Und auf alle Fälle am Ende der Reitstunde.

überstreichen ( hat auch was mit Zügeln zu tun)

bitte nicht das Pferd anmalen und nicht aus einem Schimmel einen Rappen machen!

Beim Überstreichen wird für einen Moment, einige Trabtritte oder Galoppsprünge entweder nur der innere Zügel oder auch beide am Mähnenkamm entlang nach vorne gegeben und in diesem Moment der Kontakt zum Pferdemaul aufgegeben. Es diehnt zur Überprüfung der Selbsthaltung des Pferdes. Der aufrechte Sitz des Reiters sollte sich nicht verändern.

auf die Hinterhand setzen

meint nicht das Hundekommando "Sitz" oder "Platz", sondern wird in erster Linie erreicht durch verschieden Übungen, die die kräftigere Hinterhand des Pferdes dazu anregen soll mehr Last           (Tragearbeit) zu übernehmen um damit die Vorhand zu entlasten. Wie das genau geht und welche Übungen dafür gut sind, das muss dir dann dein Reitlehrer erklären!

"Stell doch mal dein Pferd durch!"

meint nicht die Herstellung einer Telefonverbindung sondern gemeint ist "an die Hilfen stellen".Auch so ein missverständlicher Begriff!

Gemeint ist, das Pferd mit Gewichts- und Schenkelhilfen so an die weich federnde Hand heranzutreiben, dass es im Genick nachgibt. Absolute Voraussetzung ist der "losgelassene" Sitz des Reiters, der eine ruhige Handhaltung erst ermöglicht!

NICHT gemeint ist das Riegeln und das Gebiss von rechts nach links durchs Maul ziehen, oder sonstige merkwürdige Praktiken.

Losgelassenheit

Ein wichtiger Begriff! Zu vergleichen mit Zufriedenheit. Es gibt natürlich offizielle Begrifferklärungen dazu. Nicht gemeint ist ein schlaffer Körper, weder beim Reiter noch beim Pferd.

Beim Pferd erkennt man die Losgelassenheit am lockeren Ohrenspiel, am zufriedenen Gesichtausdruck, am frei getragenen pendelndem Schweif, am leicht kauenden Maul mit einem kleinen Schaumrand. Wenn die Schaumfetzen nur so fliegen ist vermutlich das Maul so zugeschnürt, dass das Pferd den Speichel nicht abschlucken kann.

Links und Rechts

Rechte Hand , oder auf der linken Hand Abteilung bilden....Seid ehrlich! Wer hatte da früher kein Problem mit? Die Frage stammt von einer jungen Reitschülerin und mir ist eingefallen, dass ich da früher auch manchmal nicht recht wusste wie rum ich nun reiten soll.

Kleine Eselsbrücke: wenn das Kommando z.B " linke Hand" ertönt,  sollte die linke Hand zur Mitte zeigen, und umgekehrt bei "rechte Hand" zeigt die rechte Hand zur Mitte.

Es gibt natürlich genügend Menschen die grundsätzlich eine Problem mit rechts und links haben...;-)

 

Wenn ihr in eurem Reitunterricht Begriffe oder Anweisungen hört, die ihr nicht versteht, so hinterlasst gerne eine Nachricht im Kontaktformular und ich werde mich um Aufklärung bemühen.

Aber wenn man wirklich weiterkommen will, sollte man doch mal eines der einschlägigen Bücher zur Hand nehmen. z.B Richtlinien für Reiten und Fahren (FN) für Anfänger und Fortgeschrittene.

Ich freue mich über Kommentare!